Warum Klostersommer, eine etwas ferne Geschichte aus einem adligen Damenstift um 1900?
Als Felix von Stenglins Roman Klostersommer 1920 erscheint, rüstet man sich im neuen Freistaat Mecklenburg-Schwerin gerade, den drei seit der Reformation im Lande verbliebenen Adligen Jungfrauenklöstern ein Ende zu setzen. Die nunmehr erste, ihrer ständischen Grundlage beraubte Landesverfassung, bestimmt im Mai 1920 die Aufhebung der Mecklenburger Landesklöster Dobbertin, Malchow und Ribnitz und die Einziehung ihres nicht unbeträchtlichen Vermögens. Damit ist das zweite Leben der alten Klöster, als Heimstätte und Versorgungseinrichtung für unverheiratet gebliebene Töchter des Landadels, nach über 300 Jahren besiegelt. Es gelingt den alten Landständen, das Recht zu erstreiten, die bereits erkauften Anwartschaften auf einen Klosterplatz zu sichern. So können weiter Frauen in die Konvente einziehen. Die letzte Konventualin aus Stenglins Familie, Margarete von Stenglin, stirbt 1965 in Dobbertin.
Felix von Stenglin versetzt seine Geschichte an einen erdachten Ort, Grotensee, doch Quelle seiner Phantasie sind die ihm wohlbekannten Mecklenburger Damenstifte, und hier vor allem das Landeskloster Dobbertin, dessen Örtlichkeit er buchstäblich übernimmt.
Er hat Informationen aus erster Hand. Stenglin wird am 18. November 1860 in Schwerin geboren. Sein Vater war Hausmarschall und späterer Oberhofmarschall des Großherzogs Friedrich Franz II. Die Schwester seines Vaters, Eberhardine (Ina) von Stenglin, bezieht mit 51 Jahren, 1871 eine Wohnung im Kloster Dobbertin, hier lebt sie bis 1896 und sicher ist sie für Stenglin eine sprudelnde Quelle für das Klosterleben.
Was Stenglin als Junge bei seiner Tante in Dobbertin erlebt haben mag, erinnert auch ein anderer Zeitgenosse. 1961 schreibt Johann Albrecht von Rantzau über in der Kindheit verlebte Sommerwochen im Kloster Ribnitz:
Während des Sommers ging es in diesen Damenklöstern durchaus nicht übertrieben still und eintönig zu. Die Konventualinnen waren in der Lage, so oft und so lange es ihnen gefiel, Hausbesuch zu haben, und die von ihnen oft recht verwöhnten Nichten und Neffen belebten den Klosterhof und die Gärten mehr, als es manchen der Insassinnen lieb war. Während einiger Sommerwochen in Kloster Ribnitz konnten mein Bruder und ich, viel mehr natürlich als zu Hause, tun und lassen, was wir wollten, und unsere einzige Pflicht war Antrittsbesuch und Verabschiedung bei der Domina …
Aus dem Nachwort von Axel Attula